Der Lhasa Apso "in Mitte von nirgendwo"

Der Lhasa Apso ist nun etwa 100 Jahre im Westen bekannt. Seine Intelligenz, seine besondere Charaktereigenschaften und auch die mystischen Dinge, die seinen Ursprung umgeben, haben ihn der westlichen Welt zu einer sehr gefragten Rasse werden lassen.

Für die Zeitspanne, in der er es zu einem bekannten Hund gebracht hat ,muß der Lhasa Apso nun den Preis zahlen. Seit etwa 20 Jahren hat das Image des Hundes , den wir kannten , langsam aber sicher abgenommen. Der alte Lhasa Apso ist von einem neuen Hundetyp ersetzt worden, einem höchst spektakulären, aber einem, der den Charme der ersten Lhasas verloren hat!

Nach einer kurzen Geschichte der Rasse in der westlichen Welt werden wir untersuchen ,wie diese "Evolution" geschehen ist , und unter welchen Umständen.

England

Zu Beginn des Jahrhunderts traten die ersten Hunde ins Rampenlicht (Younghusband-Expedition) .Damals war die Rasse zunächst als "Lhasa Terrier" bekannt .Da es unmöglich schien , neues Blut ins Land zu bringen ,wurden auch "Anleihen" bei englischen Hunden höchstwahrscheinlich Skye Terriern gemacht.

Der Tibetische Typ war sehr bald verloren.1928 kamen Colonel und Mrs.Bailey aus Tibet zurück und hatten einige sehr gute Exemplare des kleinen Lhasa Apso Typs mitgebracht. Diese waren von vornehmen tibetischen Familien großgezogen worden. Der Kennel Club  vertraute den Baileys und Lady Valentine die Maßnahmen an, die für die tibetischen Rassen richtungsweisend wurden und 1934 wurde ein Standard für die Rassen aufgestellt ,der auch auf den schon existierenden  Beschreibungen von Mr. Lionel Jacob von 1902 basiert.

Der 2.Weltkrieg unterbrach die englische Zucht. Nach dem Krieg wurde "Jigmey Thakay of Rungit" von Sherpa Tenzings Kennel in Indien importiert. Sein berühmter Sohn "Brackenbary Gunga Dins of Verles" war der erste Champion der Rasse nach dem Krieg.

 In den USA

Der Weltreisende S.Cutting kam mehrmals bis nach Tibet und erhielt fünf Apsos, auf einer Reise mit seiner Gattin weitere zwei von dem 13.Dalai Lama bzw. dem Regenten geschenkt.

Dies ermöglichte ihm, seine weltberühmten Hamilton-Farm in New Jersey zu etablieren.1950 kamen die letzten beiden Hunde aus Tibet, ein goldenes Pärchen ,Le und Pema. Während Le sehr typvolle Nachzucht zeugte ,blieb  Pema leider ohne Nachwuchs.

Als der Dalai Lama 1933 zwei weitere Hunde zu Mr.Cutting schickte lautete der Begleitbrief: "Ich sende Ihnen zwei Apsos auf dem Weg über Kalimpong Bitte nehmen Sie sie in gute Obhut, wenn Sie sie erhalten!" Datiert vom 7. des letzten tibetischen Monats des Wasser-Vogel-Jahres (1933)

Ich fürchte, dass diese Botschaft, obwohl so einfach aber voller Bedeutung, nur oberflächlich wahrgenommen wurde.

Anscheinend haben wir hier im Westen die tiefergehende Bedeutung dieser geistigen Botschaft nicht verstanden ,die diese Hunde betroffen hat!" Nehmen Sie sie in beste Obhut" war nicht nur allein ein Hinweis auf die rein stofflichen Aspekte .Tatsächlich ist der Apso ein Abbild seines Landes ,wo Spirituelles über Materiellem , wo natürlich Lebensart im Einklang mit der Umwelt, wo Menschen wie Tiere gleichermaßen durchtränkt sind mit Spiritualität was ihnen eine aristokratische Haltung und Ausdruck verlieh, der im heutigen Lhasa nicht mehr existiert.

1940 wurden sieben englische Shi-Tzus, darunter sogar im Englischen Kennel Club registrierte Shi-Tzu Champions , aus England nach USA importiert  und dort vom Amerikanischen Kennel Club als Lhasa Apso registriert. Auch eine Reihe anderer Importe erreichte im Laufe der Zeit die USA aus China, Indien usw.

Rein Tibetische Registrierungen  hat es seit damals beim AKC nicht mehr gegeben! Deshalb

können in USA nur wenige reine Linen nachgewiesen werden.

In Deutschland

Dr.Schäfer brachte von seiner 2.Reise nach Tibet zwanzig Tibetische Hunde mit. Apsos, Tibet Terrier, Mastiffs(Do Khyi's) usw; die er dem Kölner Zoo übergab. Ende des 2. Weltkrieges sollen sie von amerikanischen Soldaten an Unbekannte Orte verbracht worden sein.

In Frankreich

In den fünfziger Jahren gründete Violette Dupond ihre berühmte Annapurna-Linie mit Hamilton Kangmar und Xeres, einem Rüden authentischer Herkunft.

Andere europäische Länder folgten nun  bald.


Die Rasse hatte in USA großen Erfolg. Die Cuttings hatte

n bald viele Anhänger. Unter den ersten waren:

  • Mrs.Stillman (Americals)

  • Mrs.Grace Licos (Licos)

  • Mrs.Dorothy Cohen (Karma)

Die amerikanischen Züchter konnten mit ihrer Arbeit während des 2.Weltkrieges fortfahren, in England stagnierte sie dagegen.

Damals bemühte man sich noch um strikte Einhaltung des originalen Typs, so wie der Standard von 1934 es erforderte.

Nach dem Tod seiner Frau verkaufte Mr.Cutting seinen Hamilton Kennel an Mrs.Cohen, die ihre ganze Kraft einsetzte, um, erstklassige Exemplare der Rasse zu züchten (Karma Kennel).

Ende der 70er Jahre, einige Zeit vor ihrem Tod war Mrs.Cohen klar, daß man die Rasse nicht durch Neuimporte auffrischen konnte, weil die Invasion Tibets durch die Chinesen stattgefunden hatte. Sie schrieb daher: "Wenn Sie Glück haben, können Sie eine Kopie von Karma haben, aber niemals wird es wieder einen Karma-Kennel geben"!

 

Diese Aussage ist sicher zutreffend, denn mit so viel Enthusiasmus und harter Pionierarbeit und zudem finanziellen Aufwand wird kaum jemand mehr aufwarten können und wollen)

Während die Lhasa Apso-Zucht in den USA weiter blühte, begann die"Show" eine immer größere Rolle zu spielen. Auch kamen andere Leute als Züchter und Aussteller, Leute, die um Siege sicherzustellen nach dem Spektakulären suchten! "Handler" und Pfleger präsentierten letztendlich den Richtern einen Hund, der morphologisch und allen charakteristischen Merkmalen sich immer weiter vom originalen Typ des Lhasa Apsos entfernt hatte. All das beeinflusste die Züchter sehr stark. Dies führte zu Fabrikation eines Wettbewerbshundes -eine Art"Superhundes"- wie dem "Superman", der heutzutage die Sportwelt, Tour de France, Musikhallen usw. regiert!

Der Lhasa Apso ist kein Hund, der den Showring wirklich liebt. Aber geschicktes "Handling " und mehr oder weniger indiskutable Methoden haben dann doch das gewünschte Resultat gebracht. Ein auffälliges Gangwerk, ein Hochgereckter Hals, Übergröße, um im Ring mehr Beachtung zu finden und ein immer üppigeres und längeres Fell usw. All diese Elemente verwandelten den kleinen Lhasa Apso Schritt für Schritt in einen "Star", einen "Champion" des Showrings. Authentizität wurde unterdrückt zum Nutzen des Spektakulären. Dieser Hund war nun Mode und überall gefragt. So kam es, dass die amerikanischen Züchter diejenigen waren, die die ganze Welt mit Hunden belieferten. Eindeutig ist, dass der Wert des Hundes weder in der Aufmachung und Fellpflege noch in seiner  Präsentation zu suchen ist, sondern in seiner Konformität mit dem richtigen Typ(Standard).

Wo ist der richtige Apso, der kleine, widerstandsfähige Hund vom Dach der Welt?

"In der Mitte von Nirgendwo"- wie es die Engländer so richtig sagen. Das Resultat dieser Veränderung dürfte überraschend für manche von Ihnen sein: denn der Lhasa Apso ist nicht mehr "in Mode". Die immer kleiner werdende Zahl von Hunden, die auf Ausstellungen gezeigt werden ,die geringe Geburtszahlen und Registrierungen bestätigen die Tatsche.

In den USA, wo der Erfolg der Rasse riesengroß war, 1977 wurden 22.000 Lhasa Apsos registriert, gab es im letzten Jahr nur noch 6.800 Regenerierungen (Ref.AKC)

Die gleiche Entwicklung kann in der Schweiz, Holland und Belgien usw .beobachtet werden. Die momentane Durststrecke kann nur gut sein, denn sie erlaubt eine Korrektur der Exzesse, die sich während der letzten 20 Jahre entwickelt haben.

Für die wahren Lhasa Apso-Liebhaber ist es keine schlechte Sache ,ganz im Gegenteil! Man fängt an, die Dinge zu überdenken. Vielleicht war das nicht der richtige Weg für eine alte asiatische Rasse, die viele Jahrhunderte nach bestimmten Kriterien gezüchtet und erhalten worden war!

So lange der "Showdog" als das "non plus ultra" der Rasse gilt, wird sie kaum neue Käufer finden. Wer will schon einen Hund mit solch einem Haar, das wie ein Besen den Fußboden kehrt, einen Hund, der alle drei Tage gebadet werden muss, um nicht total zu verfilzen (falsches Haar) oder einen ,der mit aufgedrehten Haaren herumlaufen muss und das alles, des "gesegneten" Fells wegen!

Und bald sind diese Hunde verkrüppelt, da sie keine Bewegung bekommen. Hart, sich das vorzustellen. Sogar die Züchter schneiden die  Haare der Hunde ,die sie nicht mehr ausstellen,ab. Warum also das wahnsinnige Streben nach Haarmassen, jetzt noch dazu oft ausgelöst durch gefährlicher Produkte wie Arsen, Strychnin und anderes......

Ein Verbrechen gegen die Natur! Und des ist ohne Zweifel die moderne Version des Lhasa Apsos des dritten Jahrtausends! Jedoch:

 

Gott vergibt immer, der Mensch manchmal, die Natur niemals

 

Alle von uns, Züchter, Richter und Liebhaber, wir sind beeindruckt worden von dem "Stil" und  der Präsentation dieser "geheiligten Showmonster". Seltsamerweise ist der Standard in Vergessenheit geraten, 10-11 inches für Rüden, Hündinnen etwas kleiner! Die meisten der Champions der letzten Jahre haben die Anforderungen des Standards nicht erfüllt. Wer ist nun schuld? Zum großen Teil die Richter und die Showorganisationen. Warum? Weil die letzten aus Geldmangel Richter einladen, die die verschiedensten  Rassen richten können. So können wir die herzzerreißende Vorstellung von Richtern sehen, die nicht einmal der jeweiligen Sprache des Landes,in dem sie richten, mächtig sind, die ohne Unterbrechung die gesamte Gruppe 9 durchrichten, ohne auch nur 1 Minute an einem Hund  zu verschwenden. Und, natürlich ohne einen Grund, eine Würdigung, ein Motiv für ihre Beurteilung abzugeben.(Persönliche Erfahrung der Verfasserin in einigen anderen Ländern)Was gewinnt die Kynologie durch all das? Viele Züchter zeigen solchen Richtern ihre Hunde nicht mehr, weil er ihren Typ vom Lhasa z.b. nicht mag. Was bedeutet das? Die Richter sollten einen Überblick über die Rasse haben und sollten nicht einen "Typ" oder den anderen bevorzugen. Es gibt nur einen einzigen korrekten Typ -den tibetischen Typ so wie im Standard festgelegt.

Gute Kenntnisse über die Geschichte der Rasse garantieren Respekt vor dem Standard ohne auch nur irgendwelche "Moden" in Erwägung zu ziehen. Der Standard 1934 machte zur Bedingung: "Beim Richten dieser Hunde sind die spezifischen Rassemerkmale von ausschlaggebender Bedeutung." Ein Poster eines standardgerechten Hundes im Ring angebracht würde manches besser erklären!

Es ergibt sich die Frage: was sollte getan werden?

Drei Möglichkeiten halte ich für machbar:

  1. Neuanfang mit authentischen Apsos

  2. Selektieren des vorhandenen Materials

  3. Regenerierung durch Einkreuzung einiger Importe aus den Ursprungsländer.

Die dritte Lösung scheint die Vernünftigste.

Ein wichtiger deutscher Züchter hat diese Arbeit -zu den Ursprüngen zurück  zu gehen, schon angefangen. Wünschen wir ihr alle Erfolg, jeder echter Liebhaber der Rasse sollte sie ermutigen bei ihren Bemühungen. Möge sie von allen wirklichen Apso-Freunden ermutigt und unterstützt werden!

Nach dem Erscheinen von meinem vorhergehenden Artikeln in Sachen Lhasa Apso, sind viele Richter, Liebhaber und Apsokenner in der ganzen Welt mit mir in Kontakt getreten, um meinen Kampf zu unterstützten und mir zu sagen, wie sehr sie meine Ansichten teilen. Deshalb weiß ich, dass ich nicht alleine bin. Das ermutigt mich, meinen "Pilgerstab" wieder zu ergreifen und ins neue Jahrtausend aufzubrechen, hoffend, immer hoffend.

Von Mme Yolande Zarobe

Zurück zu TIBETISCHE LINIEN